Rückblick auf den Querdenker Retreat 2020

SAVE THE DATE: 19. Januar 2021 mit optionalem Vorabend Programm

Ein Bericht von Govinda Hiemer

Erneut lud Manuela Palla von der Open Mind Academy zum Querdenker Retreat auf die Klosterinsel Rheinau/CH ein. Erneut bot eine erlesene Auswahl an Referenten quer gedachte Geschichten und Erlebnisse der besonderen Art. Sei es Stefan Schmidt, der sowohl Obdachlose in einem Straßenchor, als auch die TeilnehmerInnen des Querdenker Retreats zum Singen brachte. Sei es Anselm Pahnke, der mit dem Fahrrad Afrika durchquerte, Christina Grätz, die Ameisen umsiedelt, oder einer der anderen sehr inspirierenden Vortragenden. Dieser Bericht ist ein Einblick für all die, die nicht dabei sein konnten und soll die TeilnehmerInnen auf einer Rückschau begleiten.

Der Abend zuvor

Um 17 Uhr trudeln nach und nach Gäste auf der Musikinsel ein. Das kleine Örtchen Rheinau, selbst umschlungen vom Rhein, ist als kleines Stückchen Schweiz kurz hinter dem Rheinfall von Schaffhausen umgeben von Deutschland, während dieses Stückchen von Deutschland wiederum grossteils umgeben ist von der Schweiz. Die Grenzen verschwimmen hier ein wenig, auf der Zollbrücke ist bloß selten ein Zollbeamter zu sehen, und für die Bevölkerung ist es ganz natürlich, mehrmals am Tag die Grenze zu passieren. Im Rhein selbst liegt hier eine Insel mit einem Kloster darauf, und kommt man über die Brücke auf die Klosterinsel geht es gleich links zu dem Teil des Klosters, der Musikinsel genannt wird. 

Die Gäste sammeln sich in der Lounge, nachdem sie eingecheckt und sich eingerichtet haben. Ein spannender Abend wird erwartet, es geht um die Frage “Wer bin ich und was bleibt ohne meinen (beruflichen) Titel?”

Manuela leitet den Abend sehr angenehm ein. In voller Präsenz füllt sie die Lounge mit kräftiger Stimme und stellt die Persönlichkeiten vor, die sich zur Diskussion zum Thema des Abends zur Verfügung stellen: 

Hermann Arnold, der Gründer der Haufe-umantis AG, der sich selbst als Geschäftsführer zu Wahl gestellt hat und abgewählt wurde, konnte tiefe Einblicke in beruflichen Machtverlust und den Umgang damit geben. 

Renate Bader hat nicht bloß ihren beruflichen Titel verloren, sondern gleich ihr Weltbild: In dritter Generation in einer Mormonenfamilie lebend, entschied sie sich zur Abkehr vom Glauben. Was dies mit ihrer weiterhin gläubigen Familie an Zerwürfnissen und Komplikationen mit sich brachte, ist sicher ein Extremfall des Zugehörigkeitsverlustes. 

Charly Kistler, der ehemalige CEO von Edelweiss Air, erzählt vom Leben ohne beruflichen Titel nach der Pensionierung. Auch Otto Bitterli, ehemaliger CEO der Sanitas, kann vom Übergang in die dritte Lebensphase, dem damit verbundenen Machtverlust und einem angemessenen Umgang damit berichten. Und auch wenn diese Gemeinsamkeit besteht, so bringen sie doch einzigartige Erfahrungen mit. 

Nicht direkt erfunden, doch aber gegründet hat Dr. Valentin Langen die Startup-Tochter Ioniq One der Firma Wagner. Das Corporate Startup nutzt die Technologie der Oberflächenbeschichtung des Weltmarktführers Wagner in einem völlig neuen Bereich und stellt Sonnencreme her. 

Andrea Isler war Executive Director bei der UBS, hat in ihrem Leben schon mehrfach die Rollen gewechselt. Inzwischen ist sie als Partner beim Witena Leadership Advisory tätig, wo sie einerseits Top Executives im Bankwesen vermittelt und andererseits genau diese Menschen hinsichtlich Fragen zu Leadership und Persönlichkeitsentwicklung begleitet.

Nachdem Manuela die Impulsgeber vorgestellt hat – als wären sie allesamt langjährige Freunde – gibt sie noch eine Aufgabe mit auf den Weg: Marc Wethmar spielt ruhige Musik ab, und die TeilnehmerInnen wandern mit den Fragen des Ikigai auf einem Zettel und im Kopf durch den Raum.

Als die Musik endet finden sich Vierergruppen und man tauscht sich zu den Fragen aus, bevor es dann zum Abendessen geht. Erst danach geht es in die Gesprächsrunden. Mit penibler Aufmerksamkeit werden die Gäste durch den Abend geleitet und unterhalten sich in genau abgesteckten Zeiteinheiten. Am Ende ufert der Abend aber ohnehin aus, einige Gruppen möchten gar nicht mehr aufhören sich zu unterhalten. Der Austausch ist sehr direkt, ehrlich und offen, die Atmosphäre beschwingt und belebend.

Beeindruckend, was aus einer einfachen Zusammenkunft inspirierender Menschen entstehen kann. 

Der Querdenker Retreat

Für die Frühaufsteher ging das Programm bereits um 7:30 Uhr los. Im Musiksaal haben Dr. Aaron Brückner und Dr. Valentin Langen einen Podcast aufgenommen, in dem es um, die Herausforderungen ging, die ein Corporate Start-up in einem traditionellen Maschinenbauunternehmen zu lösen hat.

Um 8:30 Uhr gab es Kaffee und Tee für die ankommenden TeilnehmerInnen, der grosszügige Flur war voller angeregter Unterhaltungen. Um 9 Uhr war es dann soweit und man fand auf den Sitzen eine persönliche Begrüßung.

Manuela leitete das Retreat ein, ebnete die Atmosphäre und es ging gleich beeindruckend los.

Stefan Schmidt nahm die ebenerdige Bühne im Musiksaal vollständig ein und erzählte vor 75 Menschen seine Geschichte. Wie er seine Leidenschaft zur Musik pflegte, wie seine Karriere als Konzertpianist abrupt auf der Bühne endete, und nicht zuletzt wie er einen Straßenchor mit randständigen Menschen gründet. Schlichtweg von der Straße holt er seinen Chor und leitet in nur 6 Wochen Obdachlose zu einem Konzert, das vom ZDF ausgestrahlt wird.

Heute, 10 Jahre später, existiert der Chor noch immer, und alle SängerInnen haben ihren Weg zurück in die Gesellschaft gefunden. Stefan strahlt, wenn er von dem Projekt spricht, und ehe man es sich versieht werden drei SolistInnen auf die Bühne gerufen, jeder hält den Text in der Hand und auf einmal singt der ganze Saal. Ist ja auch der Musiksaal, Halleluja.

Das gemeinsame Musizieren hat in jedem Fall den zwischenmenschlichen Austausch intensiviert und sehr schnell eine Gemeinschaft entstehen lassen. 

So energetisiert konnte man sich erstmal in einer kurzen Kaffeepause ein bisschen kennenlernen, bevor es mit einer weiteren Podcast-Aufzeichnung von Dr. Aaron Brückner und der Biologin Christina Grätz weiter ging. Christina Grätz ist die bekannteste deutsche Ameisenumsiedlerin. Mit Begeisterung berichtet sie, wie ein Ameisennest aufgebaut ist, wie sozial Ameisen sich verhalten und was wir davon für unseren Führungsalltag lernen können. 

Das Dorf in der Lausitz, in dem Christina Grätz aufgewachsen ist, fiel einem Tagebau zum Opfer. Als Biologin hilft sie nun anderen den Heimatverlust zu verwinden und sich neu zu etablieren: Ameisen. Leben geschützte Arten dort, wo beispielsweise eine Autobahn verbreitert oder anderweitig gebaut wird, so siedelt Christina diese um. Mit bloßen Händen, Mülltüten und einer 5t Seilwinde holt sie die Ameisen und ihr Nest. Bewundernswert sind Ameisen in jedem Fall, und vielleicht verstehen wir Menschen ja irgendwann, wie Ameisen miteinander kommunizieren und lernen es, als Menschheit ebenfalls wie ein Lebewesen aus vielen Teilen zu agieren, so wie es ein Ameisenstaat tut. 
Das Querdenker Retreat der Open Mind Academy war (erneut) grossartig. Manuela Palla hat einfach die unschätzbare Gabe, aussergewöhnliche Menschen zusammen und in den Dialog zu bringen. Und dabei stets erfrischend und emphatisch zu sein!  Martin Geisenhainer, Learning Architect Swisscom

Es gab weitere Keynotes und Barcamp Sessions. Martin Geisenhainer, Learning Architect bei Swisscom, stellte anschaulich vor, was die Idee und Ursprung eines Barcamps ist und lud so die TeilnehmerInnen dazu ein, sich ebenfalls als Teilgebende und DialogpartnerInnen einzubringen.

Dr. Karin Vey, die promovierte Psychologin und Physikerin arbeitet bei IBM und beschäftigt sich mit einem anderen Teil der derzeitigen Herausforderungen. Sie nahm uns mit in den Weltraum und machte uns mit Watson bekannt, einer künstlichen Intelligenz, die Astronauten das Leben im All erleichtert. Auch durch ihre Einblicke in dieses Feld, vermag ich jedoch noch nicht mir auszumalen, was auf diesem Themengebiet in nächster Zeit noch auf uns zukommen wird. Dies liegt sicher nicht an ihrer Vorstellung des Themas, sondern einzig an dessen Komplexität. Sie gab sehr bereichernde Denkanstöße mit und brachte ein völlig eigenes Thema ins Bewusstsein der TeilnehmerInnen. 

Kaspar Schmocker senkte den Altersdurchschnitt der Vortragenden und erzählte, hoffnungslos mit dem strikten schweizer Zeitrahmen konfrontiert, von seinem Sportgerät, mit dem inzwischen sehr viele Hobby- und Profisportler trainieren. Seine begeisternde Geschichte stellt das Verkaufen in den Mittelpunkt, und auch hier ist der Beitrag interaktiv und auf einmal wird einem Teilnehmer ein Leopard verkauft.

Glücklicherweise bloß fiktiv, Leoparden stehen schließlich unter Naturschutz, aber die Begeisterung des Verkaufens kommt sehr gut rüber. Schön, wie Augen funkeln können. 

Kaivalya Kashyap bot einen vertieften Austausch über transformatives Zuhören an, mit 

Romy Gerhard konnten Organisationsaufstellungen erlebt werden;

Florian Wieser bot das Konzept des Zukunftsbureaus zur Diskussion; bei

Kaspar Schmocker ging es in aller Ausführlichkeit um den Verkauf; mit

Andrea Isler konnte man sich über die Rolle eines CEOs unterhalten; 

Dr. Karin Vey sprach über KI und Leadership; 

Bert Overlack führte von der Fehler- zur Vertrauens- und Lernkultur;

Christian Kobler ging auf den Umgang mit Angst und Unsicherheit ein, während

Marc Wethmar auf die Rolle eines CEO in der Selbstorganisation einging; 

Martin Talamona bot Raum zum Gespräch über Agilität und Organisationsstrukturen und mit

Anja Herde konnte man diskutieren, was Schule und Wirtschaft voneinander lernen sollen.

Dr. Eva Riedi Collen brachte das kollaborative Spiel “the mind” mit und 

Aline Feichtinger sprach nicht über den Nullpunkt, an dem wir nicht mehr weiter wissen, sondern über den Punkt, an dem wir beginnen, unserer Intuition zu vertrauen.

Am Ende gab es mit Anselm Pahnke noch eine besondere Geschichte mitzuerleben. Er erzählte, mit wundervollen Bildern und Videos untermalt, von seiner Reise mit dem Fahrrad durch Afrika. Anselm bereitete sich 2 Tage auf diese Reise vor – die auch nur einige Wochen dauern sollte. Entstanden ist daraus eine 3 jährigen Reise zu sich selbst. Aber schaut doch selbst.  
Liebe Manuela! Zurück in Ulm darf ich Dir noch herzlich Dankeschön sagen für alles und auch Chapeau! Toll welches Programm und welche Menschen Du diese zwei Tage wieder zusammengebracht hast. Ich fand es rundum gelungen und habe auch nur gut gestimmte Menschen getroffen. So unterschiedlich sie auch alle wieder waren.  Und auch die Komposition des Programms gestern und heute sehr sehr gelungen. Es war trotz der Dauer und Intensität leicht dabei zu bleiben.  Und der Schlussvortrag… GENIAL SICHER LEBEN? SICH ERLEBEN Thomas Mayer, CEO Oscorna GmbH, Ulm

SAVE THE DATE: 19. Januar 2021 mit optionalem Vorabend Programm

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